Thematische Einführung
Der Begriff „Volk“ bezeichnet eine Gemeinschaft, die auf politischer Ebene durch staatlich-institutionelle Regeln und Praktiken sowie auf kultureller Ebene durch den Glauben an eine gemeinsame Herkunft, Geschichte und Identität bestimmt ist (WD des BT, WD 3 – 3000 – 145/22, WD 1 – 3000 – 038/22, S. 3). Die Antwort auf die Frage, wer oder was als Volk gilt, wird unterschiedlich beantwortet und ist Gegenstand unterschiedlicher, u.a. historisch fundierter Vorstellungen. Die Definition des „deutschen Volks“ erfolgt aus juristischer Perspektive maßgeblich durch das Grundgesetz. Das Grundgesetz definiert das deutsche Volk vor allem über die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß Art. 116 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 31.10.1990 – 2 BvF 2, 6/89, BVerfGE 83, 37 (51)). Jeder, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist folglich Teil des deutschen Volkes.
Ethnisch-kulturelle Kriterien spielen hingegen keine Rolle. Maßgeblich sind Art. 116 Abs. 1 GG und das einfachgesetzlich ausgestaltete Staatsangehörigkeitsrecht. Das Grundgesetz überlässt es dem Gesetzgeber, die Voraussetzungen für den Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit auszugestalten (Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 und Art. 116 Abs. 1 GG). Im politischen Diskurs können daher völlig zulässigerweise Verschärfungen gefordert werden, etwa hinsichtlich der erforderlichen Sprachkenntnisse, einer längeren Aufenthaltsdauer oder des Absolvierens eines Einbürgerungstests vor dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Auch an die Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse dürfen grundsätzlich höhere Anforderungen gestellt werden, solange sie den Betroffenen zumutbar sind. Nicht verlangt werden darf hingegen eine vollständige Assimilation nach dem Leitbild des sog. autochthonen, d. h. indigenen, Deutschen. Denn das Grundgesetz schützt auch die Individualität eines jeden Menschen einschließlich seiner Herkunft, Religion und spezifischen Verhaltens- und Argumentationsweisen im Rahmen von Gesetz und Recht.
Akteure der Neuen Rechten versuchen seit geraumer Zeit, dem grundgesetzlich vorgezeichneten Verständnis des Staatsvolks einen eigenen, ethnisch-kulturellen Volksbegriff entgegenzusetzen. Nach diesem Modell bestimmt sich das deutsche Volk nicht anhand der Staatsangehörigkeit, sondern der ethnischen Zugehörigkeit. Im Gegensatz zum sogenannten völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff, der biologische Aspekte in den Mittelpunkt stellt, orientiert sich der ethnisch-kulturelle Begriff eher an (vermeintlich) sozialen Kriterien an. Eine Ethnie ist eine gesellschaftliche Gruppe, die aufgrund ihres Selbstverständnisses und Gemeinschaftsgefühls eine kollektive Identität entwickelt hat. Dabei kann etwa auf eine gemeinsame Sprache, Abstammung, Tradition, Kultur, Religion oder Verbindung zu einem Gebiet abgestellt werden (EGMR, Urteil vom 22.12.2009 – 27996, 34836/06, NJOZ 2011, 428 (430)). Die Kultur ist nach dem Volksbegriff der Neuen Rechten untrennbar mit der Ethnie verbunden.
Ein solcher ethnisch-kultureller Volksbegriff entspricht nicht der Konzeption des Grundgesetzes (BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 Rn. 691) und ist mit der Menschenwürdegarantie unvereinbar (BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 Rn. 635). Nach seiner Logik werden Menschen aufgrund von Merkmalen, auf die sie keinen Einfluss haben, kategorisiert und als Deutsch oder Nicht-Deutsch eingeordnet – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Die ethnische Anknüpfung ist besonders problematisch, weil die deutsche Identität damit an ein unveränderliches Wesensmerkmal geknüpft wird und es Menschen mit nicht-deutschen Wurzeln faktisch unmöglich macht, Teil des Volkes zu sein oder zu werden. Auch der Begriff der Kultur wird regelmäßig nur kaschierend genutzt, um in Wahrheit auf Merkmale wie Herkunft oder Religion abzustellen.
Die rechtliche Gleichheit aller Menschen ungeachtet tatsächlich bestehender Unterschiede, wird dadurch in Frage gestellt, weil bestimmte Personen oder Personengruppen wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden (VG Berlin, Beschluss vom 28.05.2020 – VG 1 L 95.20 -, BeckRS 2020, 50933 Rn. 30). Der ethnisch-kultureller Volksbegriff verweigert die elementare Rechtsgleichheit innerhalb des nach dem Grundgesetz bestehenden deutschen Volkes (BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20, Rn. 635). Eine Ungleichbehandlung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn Staatsbürger anderer ethnischer Zugehörigkeiten als Bedrohung, Verunreinigung oder Feinde des „eigentlichen“ deutschen Volkes dargestellt werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.06.2020 – OVG 1 S 56/20, BeckRS 2020, 13910, Rn. 37).
Auch der Ethnopluralismus, also die Vorstellung von an bestimmte Territorien gebundene Völker, die sich nicht vermischen sollen, ist mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes nicht vereinbar (VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2019 – AN 16 K 17.1038, BeckRS 2019, 12368, Rn. 36). Mit der Verwendung bestimmter Begriffe wie „Umvolkung“, „Großer Austausch“ oder „Volkstod“ geht eine unzulässige Herabwürdigung von, ggf. künftigen, Mitgliedern des deutschen Volkes aufgrund von Faktoren wie Herkunft oder Religion einher (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.). Insbesondere der Begriff des „Volkstodes“ ist mit der individuellen Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 150). Allen Menschen, die vermeintlich ethnisch-homogenen Ansprüchen nicht genügen, wird durch seine Verwendung pauschal ihre Würde abgesprochen und sie werden zu einer Art von Plage oder Naturereignis stilisiert (weiterführend BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 Rn. 720 f.).
Im Wahlprogramm des Landesverbandes zu den Landtagswahlen 2019 heißt es dazu:
Die Sicherheit seiner Bürger ist der zentrale Daseinszweck des Staates. Sie ist nicht nur Voraussetzung für Freiheit, Demokratie und Wohlstand, sondern auch für die persönliche Entfaltung des Einzelnen. Die Gewährleistung der Sicherheit ist einerseits von einem gemeinschaftsorientierten Werte-, Sitten- und Normengefüge abhängig, das sich über Jahrhunderte hinweg ausgeprägt hat. Andererseits ist sie auf die Durchsetzung von Recht und Ordnung durch den Staat angewiesen. Eine intakte Rechtsordnung fußt auf unhinterfragten Selbstverständlichkeiten, die es in der von allen Altparteien angestrebten multikulturellen Gesellschaft nicht geben kann. Deshalb weist die AfD Thüringen entschieden das Ansinnen zurück, unsere über Generationen gewachsene Vertrauensgesellschaft in eine multikulturelle Gesellschaft aufzulösen.
AfD Thüringen, Meine Heimat mein Thüringen, Wahlprogramm der Alternative für Deutschland für die Landtagswahl 2019 in Thüringen, 18.08.2019, S. 12.
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass der Landesverband sich klar gegen eine multiethnische Gesellschaft stellt und die Vermischung verschiedener Völker als Gefahr für die „über Generationen gewachsene [deutsche] Vertrauensgesellschaft“ sieht. Besonders die Bezugnahme auf eine Gesellschaft, die über Generationen gewachsen ist, verdeutlicht, dass es für Migranten aus Sicht des Landesverbandes ausgeschlossen ist, als ein vollwertiger Teil der Gesellschaft angesehen zu werden, da sie naturgemäß nicht Teil einer über Generationen hinweg gewachsenen Gesellschaft sein können. Dieses Volksbild unterscheidet damit zwischen Einwanderern und Einheimischen. Dabei wird das Bild einer multikulturellen Gesellschaft als Gefahr für die deutsche Gesellschaft und eine intakte Rechtsordnung dargestellt und das Zusammenleben verschiedener Kulturen pauschal missbilligt.
Mit einer Positionierung pro Ethnopluralismus, also der Vorstellung von an bestimmte Territorien gebundenen Völkern, die sich nicht vermischen sollen, fiel auch die Landtagsfraktion auf ihrer offiziellen Facebook-Seite auf:
In dem Post stellt die Fraktion eine Kampagne gegen die am 19.01.2024 vom Deutschen Bundestag beschlossene Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (BGBl. 2024 I Nr. 104 vom 26.03.2024) vor. Das neue Gesetz führt dazu, dass in Deutschland lebende Ausländer ihre Einbürgerung früher beantragen können: bereits nach fünf statt bisher acht Jahren. Wer besonders gut integriert ist, kann bereits nach drei Jahren eingebürgert werden. Das Gesetz legt klare Regeln für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit fest. So müssen unter anderem eine erfolgreiche Integration, gute Deutschkenntnisse und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts nachgewiesen werden. Die Bundesinnenministerin stellte zudem klar, dass Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit einer Einbürgerung entgegenstehen. Ein klares Bekenntnis zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft sei daher Voraussetzung für die Einbürgerung. Wer Werte wie die Würde und Gleichheit aller Menschen und die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht teilt oder ihnen sogar zuwiderhandele, könne nicht deutscher Staatsbürger werden.
Nach diesen Maßstäben integrierte Zuwanderer können nach Auffassung der Landtagsfraktion jedoch keine „gleichberechtigten“ deutschen Staatsbürger sein. Vielmehr geht die Fraktion davon aus, dass das „deutsche Volk“ durch die Einbürgerung integrierter Zuwanderer nach einigen Jahren seine Identität und Kultur verliert. Dies zeigt, dass die Fraktion den Erhalt der ethnisch deutschen Bevölkerung anstrebt und im Umkehrschluss die Ausgrenzung deutscher Staatsangehöriger aufgrund ihrer ethnischen oder kulturellen Zugehörigkeit propagiert.
Der Landesverband hat auf seinem eigenen YouTube-Kanal die Aufzeichnung einer Rede des Landessprechers Björn Höcke im Rahmen einer Kundgebung am 28.10.2023 in Erfurt geteilt:
Björn Höcke beschreibt Deutschland metaphorisch als Haus, das von verschiedenen Hausgemeinschaften im Laufe der Jahre bewohnt wurde. Das „Haus Deutschland“ als Haus des deutschen Volkes bestehe schon seit vielen, vielen Jahren und sei eigentlich ein sehr solides Haus mit einem sehr guten und starken Fundament – jede Generation habe ihre Spuren hinterlassen und das Haus verändert. Solche Veränderungen seien grundsätzlich auch zu akzeptieren, fänden aber dort ihre Grenze, wo die Substanz des Hauses Deutschland als Haus des deutschen Volkes angegriffen werde. Die AfD wolle dieses Haus und die Demokratie nicht zerstören, sondern erhalten.
Höcke weiter: „Aber die Kartellparteien, dieser wild gewordene Hausmeister im Bunde mit Taugenichtsen und mit Mietnomaden, die richten dieses Haus Deutschland gerade zugrunde. Sie reißen das Dach ab. Sie geben jedem den Schlüssel. Jeder kann in dieses Haus rein, und ja, sogar das Fundament wird jetzt mit Stemmeisen aufgebrochen. Das, liebe Freunde, das gab es so in Deutschland noch nicht. Deutschland schafft sich nicht ab, Deutschland wird gemordet. So muss man das sehr deutlich einordnen. Dieses Haus Deutschland wird gerade abgerissen. Und das müssen wir verhindern. Auch wir von der AfD. Wir sind nur der Hausmeister. Oder wir wollen der Hausmeister werden Ende 2024. Wir wollen die Schlüsselgewalt. Wir wollen die Schlüsselgewalt von Euch bekommen. Wir wollen die Hebel der Regierung in die Hand bekommen, damit wir in dieses Haus eintreten können. Damit wir die Fenster aufreißen können und die schlechte Luft endlich nach draußen bekommen. […] Wir wollen das Haus Deutschland für das deutsche Volk wieder bewohnbar machen.“
Indem Höcke die aktuelle Regierung als „wild gewordenen Hausmeister“ bezeichnet, der das Haus Deutschland mit Hilfe von „Taugenichtsen“ und „Mietnomaden“ zugrunde richte, inszeniert er Bürger mit Migrationshintergrund als substanzielle Gefahr für den Erhalt eines – ethnisch und/oder biologisch gelesenen – deutschen Volkes. Dafür spricht auch, dass sich Höcke überzeugt zeigt, dass nur über Generationen hier lebende Menschen zum deutschen Volk gehören können. Die anschließende Aussage, die AfD wolle die Fenster aufreißen, um die schlechte Luft nach draußen zu lassen, und als neuer Hausmeister das Haus wieder für das deutsche Volk bewohnbar machen, wird ohne Weiteres als Aufruf zur massenhaften Remigration von Geflüchteten verstanden werden dürfen.
Björn Höcke äußert in seiner Rede beim Landtagswahlkampffinale 2024 der AfD Thüringen in Erfurt am 31.08.2024 die Sorge, dass das deutsche Volk durch eine zunehmende Multikulturalisierung und Überfremdung zur Minderheit im eigenen Land wird. Er stellt die Situation in Deutschland als eine Bedrohung für die nationale Identität und die Heimat dar, vergleichbar mit den Verlusten durch Flucht und Vertreibung in der Geschichte. Höcke kündigt an, dass dieser Weg in Thüringen und Sachsen beendet werden soll.
Höckes Aussage reflektiert einen ethnisch-kulturellen Volksbegriff, der stark auf die Erhaltung einer vermeintlich homogenen nationalen Identität abzielt. Die Darstellung von Multikulturalisierung als Bedrohung für das deutsche Volk und die Heimat ist charakteristisch für eine exkludierende Ideologie, die die Zugehörigkeit zum Volk an ethnische und kulturelle Merkmale bindet. Durch die implizite Gleichsetzung von Heimatverlust mit dem Zustand, zur Minderheit im eigenen Land zu werden, propagiert Höcke ein exklusives, ethnisch definiertes Verständnis von Volk und Heimat. Diese Rhetorik steht im Widerspruch zu den pluralistischen und inklusiven Grundsätzen des Grundgesetzes, das alle Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft und kulturellen Identität als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anerkennt. Die Äußerungen Höckes sind geeignet, gesellschaftliche Spaltungen zu vertiefen und das demokratische Miteinander zu gefährden.
In seiner Rede beim Landtagswahlkampffinale 2024 der AfD Thüringen in Erfurt am 31.08.2024 kritisiert Björn Höcke zu einem späteren Zeitpunkt die etablierten Parteien, die er als „Kartellparteien“ bezeichnet, und wirft ihnen vor, durch ihre „Multikulturalisierungspolitik“ das Fundament des deutschen Staates und die über Jahrhunderte gewachsene „Vertrauensgemeinschaft“ des deutschen Volkes zu zerstören. Höcke behauptet, dass diese Parteien die deutsche Gesellschaft so verändert haben, dass sie nun die Grundlage für einen Überwachungsstaat schaffen können. Er lehnt diese Entwicklung ab und stellt die AfD als Verteidigerin der bürgerlichen Freiheitsrechte dar.
Björn Höcke greift in seiner Rede auf ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis zurück, indem er die Idee einer über Jahrhunderte gewachsenen, homogenen „Vertrauensgemeinschaft“ des deutschen Volkes beschwört. Diese Gemeinschaft sieht er durch die „Multikulturalisierungspolitik“ der etablierten Parteien bedroht. Durch die Gegenüberstellung eines vermeintlich homogenen deutschen Volkes und der als zerstörerisch dargestellten multikulturellen Gesellschaft bedient Höcke ein ethnisch definiertes und exklusives Verständnis von Volk und Nation.
Solche Aussagen implizieren, dass nur ethnisch und kulturell homogene Gemeinschaften in der Lage seien, stabile und vertrauensvolle Staatsstrukturen zu bilden. Diese Argumentation widerspricht den pluralistischen und integrativen Grundsätzen des Grundgesetzes, das die Gleichheit und Würde aller Menschen unabhängig von ihrer ethnischen oder kulturellen Herkunft betont.
Höckes Darstellung, dass die Multikulturalisierung das Fundament des deutschen Staates erodieren lasse, ist eine pauschale Abwertung von Menschen, die nicht der ethnischen Mehrheit angehören. Diese Sichtweise fördert eine Ausgrenzung und Abwertung von Menschen, die als „fremd“ wahrgenommen werden, und sie stellt eine Bedrohung für die gesellschaftliche Integration dar. Gleichzeitig wird die Idee eines ethnisch homogenen Staates propagiert, was eine Rückkehr zu exkludierenden und diskriminierenden Ideologien nahelegt.
Insgesamt sind solche Aussagen problematisch, da sie ein geschlossenes, ethnisch definiertes Volksverständnis fördern, das im Widerspruch zu den Prinzipien einer offenen, pluralistischen Gesellschaft steht. Sie tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei und delegitimieren das Konzept einer vielfältigen und integrativen Nation.
In einem weiteren Posting polemisiert Björn Höcke mit sehr kritischen Äußerungen zu türkischstämmigen Spielern in der deutschen Nationalmannschaft (also Fußballspielern, die zwingend die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen):
Solche Nationalspieler seien nicht in die deutsche Gesellschaft integriert, sondern nur in „ihre“ Community. Es sei daher verständlich, dass sie nicht als Teil eines „selbsthassenden gendergerechten Regenbogen-Tralala“ wahrgenommen werden wollten. Das sei „keine Option für Menschen mit Ehre“. Zudem sei die deutsche Nationalmannschaft nur noch eine „Sportsöldnertruppe“, von der sich die Deutschen nicht mehr repräsentiert fühlten.
Ein Söldner im militärischen Sinne ist eine Person, die gegen Bezahlung in einem bewaffneten Konflikt und in einem fremden Staat kämpft. Mit der Bezeichnung der deutschen Nationalmannschaft als „Sportsöldnertruppe“ macht Höcke deutlich, dass zugewanderte Nationalspieler mit deutscher Staatsbürgerschaft nicht zum deutschen Volk gehören, sondern lediglich für einen fremden Staat kämpfen. Bemerkenswert ist auch das verwendete Bild, das neben einem südländisch aussehenden Mann die Aussage „Blut ist dicker als Wasser“ trägt. Damit wird deutlich, dass für Höcke Menschen, die nicht über Generationen „deutsches Blut“ geerbt haben, nicht zum deutschen Volk gehören können.
Während seiner Rede auf einer Pegida-Kundgebung im November 2023 fordert Björn Höcke die Teilnehmenden dazu auf, sich gegenseitig ins Gesicht zu schauen:
Wenn es hart auf hart komme, werde man sich wiedererkennen. Denn man sei, was man immer war: „treu und deutsch und eine Gemeinschaft, die die Zukunft erkämpfen wird“. Damit macht Björn Höcke deutlich, dass man nur dann ein vollwertiger Teil des deutschen Volkes ist, wenn man es schon immer war. Die Aussage, dass man sich gegenseitig an den Gesichtern erkennen könne, kann auch so verstanden werden, dass das deutsche Volk nur aus Menschen mit deutscher Abstammung bestehen soll. Damit spricht er Bürgern mit Migrationshintergrund pauschal ihre gleichberechtigte Stellung im Staatsvolk ab.
In einem Interview mit dem österreichischen rechtsalternativen Online-Sender „AUF1“ vom 11.11.2023, der zum Teil rechtsextreme und verschwörungsideologische Inhalte verbreitet, äußert sich Björn Höcke zu den Auswirkungen von Migration auf das deutsche Volk (ab Minute 17:16). Das Interview hat Björn Höcke am 12.11.2023 auch auf seinem eigenen Facebook-Auftritt gepostet:
In dem Video erklärt Höcke, dass Deutschland von einer „Anti-Elite“ oder „Kollaborateurs-Elite“ beherrscht wird, die seit Jahrzehnten die Unterbindung eines angeblichen demografischen Niedergangs unterlasse und diese Wirkung nun vorsätzlich durch eine Multikulturalisierung potenziere. Dies sei nichts anderes als ein „Mordkomplott gegen das deutsche Volk“, welches sich dadurch in einer Existenzkrise befinde. Aus dieser Existenzkrise müsse sich das deutsche Volk schnellstmöglich befreien, „um vielleicht noch etwas an Substanz zu erhalten, was dann einen Neuanfang ermöglicht“. Aktuell habe Björn Höcke Angst um die Zukunft Deutschlands und des deutschen Volkes.
Mit diesen Aussagen macht Björn Höcke deutlich, dass für ihn eine multikulturelle Gesellschaft den Untergang des deutschen Volkes bedeutet. Ein solcher Untergang des deutschen Volkes könne nur verhindert werden, wenn sich das Volk befreie, solange noch ein Rest an Substanz vorhanden sei. Damit wird deutlich, dass für Höcke Menschen nichtdeutscher ethnischer Herkunft kein vollwertiger Teil des deutschen Staatsvolkes sein können, sondern dass ein Staatsvolk, das multikulturell zusammengesetzt ist, mit dem Tod des deutschen Volkes gleichzusetzen ist. Der Begriff „Volkstod“ beschreibt die mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbare Vorstellung, dass Ausländer den Tod des ethnisch homogenen deutschen Volkes herbeiführen (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.).
Auch der Landesvorstand der AfD-Thüringen insgesamt geht davon aus, dass das deutsche Volk durch Personen mit Migrationshintergrund seine Identität verliert. In einem Facebook-Reposting vom 08.06.2023 bezieht der Landesvorstand Stellung zur aktuellen demographischen Zusammensetzung in Deutschland:
In dem Posting wird auf eine interaktive Deutschlandkarte verwiesen, auf der der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund für zahlreiche Landkreise und Städte im Zeitverlauf nachvollzogen werden kann. Der Titel der Karte lautet: „Karte des Grauens zeigt Überfremdung Deutschlands“. Die AfD-Deutschland führt zu den Ergebnissen aus, dass die „Deutschen“ schleichend zur Minderheit in Deutschland werden, wenn nicht „das Ruder mit einer konsequenten AfD-Politik herumgerissen wird“. Ziel der Ampelregierung und der CDU sei es, ein Deutschland zu schaffen, in dem „unsere Kultur und Identität keine Rolle mehr spielen“. Dieses angebliche Vorhaben sei ein gegen Deutschland gerichteter „Abschaffungsplan“ und müsse gestoppt werden.
Damit macht die AfD deutlich, dass Menschen nichtdeutscher ethnischer Herkunft kein vollwertiger Teil des deutschen Staatsvolkes sein können, sondern dass ein multikulturell zusammengesetztes Staatsvolk mit der Abschaffung des deutschen Volkes gleichzusetzen ist. Mit diesen Begriffen soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das ethnisch homogene Volk durch die Vermischung mit Ausländern als Angehörige anderer Ethnien unterwandert und in seiner Existenz bedroht wird. Asylsuchenden und Migranten wird damit pauschal die Menschenwürde abgesprochen (BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20 Rn. 720 f.).
In einem weiteren Posting vom 16.05.2023 kritisiert der Landesvorstand, dass man in Deutschland nicht von „Umvolkung“ sprechen dürfe:
In dem Posting wird eine Übersicht präsentiert, in der die Zahl der verstorbenen und abgewanderten deutschen Staatsbürger der Zahl der zugewanderten Ausländer gegenübergestellt wird. Aus der überwiegenden Zahl der zugewanderten Ausländer leitet der Landesvorstand ab, dass in Deutschland eine „Umvolkung“ stattfindet. Die Verwendung von Begriffen wie „Umvolkung“ offenbart eine Auffassung, die mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes und der Menschenwürdegarantie unvereinbar ist (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.)
Auch René Aust, stellvertretender Landessprecher der AfD-Thüringen, hat diesen Beitrag am 16.05.2023 auf seinem Telegram-Kanal geteilt:
In einer Nachricht vom 19.05.2023 auf dem eigenem Telegram-Kanal des Kreisverbands „Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar“ wird ausgeführt, es finde ein „Bevölkerungsaustausch“ oder eine „Umvolkung“ statt. Dabei werde das Wort „Bevölkerungsaustausch“ bewusst umschrieben, „weil sonst der (Etablierten)Verfassungsschutz sofort die ‚gesichert rechtsextrem‘-Keule in Einsatz bringt“. Weiter behauptet der Kreisverband in seiner Auffassung nach politisch korrekter Formulierung, dass Annalena Baerbock bei der „Umsiedlung afghanischer Staatsbürger nach Deutschland“ nicht genau hinschaut, ob es sich hierbei um gefährdete Ortskräfte handelt „oder ob die Afghanen einfach nur in das deutsche Sozialsystem einwandern wollen“.
Die Verwendung von Begriffen wie „Bevölkerungsaustausch“ offenbart ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis und damit eine Auffassung, die mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes und der Menschenwürdegarantie unvereinbar ist (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.). Die pauschale Behauptung, Afghanen wollen, sofern sie keine Ortskräfte sind, einfach nur in das deutsche Sozialsystem einwandern, stellt zudem eine pauschalisierende Behauptung dar, die dazu geeignet ist Menschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit abzuwerten und ein feindliches Klima gegenüber Afghanen in der Bevölkerung zu schüren.
In einer weiteren Telegram-Nachricht vom 30.05.2023 hat der Kreisverband „Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar“ einen Beitrag in der „ZEIT“ zu Migranten in Deutschland geteilt und mit der Aussage „Hat hier jemand „Umvolkung“ gesagt?“ beschrieben.
Der Kreisverband Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar zeigt durch die Verwendung des Begriffs „Umvolkung“ ein Volksverständnis, das aufgrund der Anknüpfung an einen ethnisch-kulturellen Hintergrund nicht mit dem ausschließlich an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Volksverständnis des Grundgesetzes und auch nicht mit der grundrechtlich geschützten Menschenwürdegarantie vereinbar ist (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.). Dieses Verständnis spiegelt sich auch in der Andeutung, „Urdeutsche“ würden zu einer Minderheit im eigenen Land werden, wider, da der Kreisverband hier zwischen „Urdeutschen“, die im eigenen Land leben und Nicht-Urdeutschen, die nicht im eigenen Land leben, differenziert und letztere sogar als Gefahr für die „Urdeutschen“ darstellt.
In einer Telegram-Nachricht vom 20.07.2023 kommentiert der Kreisverband „Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar“ ein Plakat einer unbekannten AfD-Gruppierung mit dem Inhalt „Stoppt den menschengemachten Bevölkerungswandel“ mit der Aussage: „Das Wahlplakat könnten wir uns in Thüringen auch vorstellen.“
Das Plakat impliziert, dass es aktuell einen „menschengemachten Bevölkerungswandel“ gebe. Was nach Ansicht der AfD gestoppt werden soll, ist vermutlich die Entwicklung der Gesellschaft hin zu einer größeren ethnischen Vielfalt. Die Bezeichnung dieser Entwicklung als „Bevölkerungswandel“ impliziert ein Volksverständnis, das, entgegen dem auf der Staatsangehörigkeit basierenden Volksbegriff des Grundgesetzes, an ethnische und/oder kulturelle Merkmale anknüpft.
Am 08.12.2023 hat der Kreisverband „Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar“ einen Artikel der „ZEIT ONLINE“ geteilt, in dem über die Aufnahmezusagen der Bundesregierung von 188 Afghanen aus Pakistan berichtet wird, die vor Massenabschiebungen der dortigen Regierung bewahrt werden sollten. Der Kreisverband kommentiert hierzu, dass die Bundesregierung den „Import Kulturfremder in unser Land“ beschleunigt und bezeichnet dieses Vorgehen als Irrsinn. Mit diesen Worten soll offenbar die im Kommentar durchgestrichene „Umvolkung“ umschrieben werden:
Der durchgestrichene Begriff „Umvolkung“ impliziert ein Volksverständnis, das aufgrund der Anknüpfung an einen ethnisch-kulturellen Hintergrund nicht mit dem ausschließlich an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Volksverständnis des Grundgesetzes und auch nicht mit der grundrechtlich geschützten Menschenwürdegarantie vereinbar ist (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 147 ff.). Auch die Bezeichnung von Menschen als Kulturfremde zeugt von einem ethnisch-kulturellen Volksverständnis. Durch das als Ersatz für den Begriff „Umvolkung“ verwendete Wort „Import“ werden die Betroffenen zudem als Ware degradiert und damit in ihrem Anspruch auf Achtung der Menschenwürde verletzt.
Stefan Möller, Landessprecher der AfD-Thüringen, äußert sich in Folge 11 des Podcast „HORCH MA!“ der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag vom 09.11.2023 zur Gewährung von Sozialleistungen und macht dabei deutlich, dass für ihn nicht alle deutschen Staatsbürger gleichrangig anzusehen sind:
Stefan Möller führt aus, dass in den letzten Jahren politische Fehlanreize gesetzt wurden, die zu einer verstärkten Migration nach Deutschland geführt haben. Als Beispiel nennt er die aktuellen Überlegungen zum Ausbau der Kindergrundsicherung. Diese komme vor allem kinderreichen Familien zugute. Dabei handele es sich meist um Migrantenfamilien und nicht um „autochthone Deutsche“. Als autochthon bezeichnet man Bevölkerungsgruppen, die aufgrund politisch-historischer Prozesse auf ihrem Territorium entstanden sind, also die einheimische Bevölkerung. Im Gegensatz dazu bezeichnet der Begriff allochthon Personen mit einer gebietsfremden sozialen Herkunft oder Abstammung.
Mit seiner Kritik an der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch allochthone Bürger macht Stefan Möller deutlich, dass zugewanderte Bevölkerungsgruppen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit schlechter gestellt werden sollen. Damit würden Menschen, die zugewandert sind oder einen Migrationshintergrund haben, ausgegrenzt und aufgrund ethnischer Kriterien als Menschen zweiter Klasse angesehen und behandelt (VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 – 13 K 207/20, BeckRS 2022, 3818, Rn. 185). Zudem würde eine solche vollständige Assimilation die Aufgabe der eigenen Religion oder Kultur bedeuten. Die Freiheitsrechte des Einzelnen dürfen aber nicht zugunsten eines nationalen Kollektivs geopfert werden.
Björn Höcke hat sich auch auf einer Rede beim AfD-Stadtverband Gera am 12.12.2023 dazu geäußert, wie sich die Zuwanderung seiner Ansicht nach auf das deutsche Volk auswirkt:
Die Zuwanderung der letzten Jahrzehnte raube dem deutschen Volk die Identität. Höcke geht also davon aus, dass nur Menschen, die seit Generationen hier leben, wirklich zum deutschen Volk gehören können, wenn dessen Identität bewahrt werden soll. Solche Forderungen nach ethnischer oder kultureller Homogenität der Bevölkerung sind mit dem Grundgesetz unvereinbar.
In einer anderen Rede auf einer PEGIDA Veranstaltung am 06.11.2023 in Dresden hat Björn Höcke seine Vorstellung vom Zusammenleben der verschiedenen Kulturen dargelegt:
Nach Höckes Auffassung ist es nicht möglich, junge Männer aus dem arabischen Raum in Deutschland zu integrieren, da sie grundsätzlich anders seien und andere Sitten- und Rechtsvorstellungen haben. Es seien Männer, die Frauen anders behandelten und aus einer völlig anderen Kultur kämen. Höcke sieht die unterschiedlichen Kulturen als Ergebnis einer jahrtausendelangen Entwicklung, die nicht aus der Welt zu schaffen sei, und lehnt daher „jede Global Governance-Idee, jede Weltregierungsphantasie und jede Gleichschaltungsvorstellung der Welt als Welteinheit“ ab.
Damit zeichnet er ein Bild von territorial gebundenen Völkern, die sich nicht vermischen sollen. Diese Vorstellung des sogenannten Ethnopluralismus ist mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes und der Menschenwürdegarantie nicht vereinbar (VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2019 – AN 16 K 17.1038, BeckRS 2019, 12368, Rn. 36).
In einem Facebook-Posting vom 30.05.2023 äußert Björn Höcke seine Überzeugung, dass die Demokratie in Deutschland durch verschiedene politische Strategien gefährdet wird. Er nennt dabei insbesondere die Masseneinbürgerungen von Zuwanderern, die Einführung von Bürgerräten, die Rolle der Zivilgesellschaft und die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen. Höcke argumentiert, dass diese Maßnahmen dazu dienen, die Zusammensetzung des deutschen Souveräns zu verändern und eine politische Einflussnahme durch bestimmte Gruppen zu ermöglichen, die nicht mit den Mehrheiten im Volk übereinstimmen.
Die Aussagen von Björn Höcke in diesem Posting spiegeln ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis wider, das auf die Exklusion bestimmter Gruppen aus der deutschen Gesellschaft abzielt. Höcke deutet an, dass die Einbürgerung von Zuwanderern und die Gewährung von Doppelstaatsbürgerschaften die Identität des deutschen Volkes und dessen Souveränität gefährdet. Diese Argumentation stellt eine Abwertung und Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit dar. Höcke verkennt dabei die pluralistischen Prinzipien des Grundgesetzes, das die Gleichberechtigung aller Menschen unabhängig von ihrer Abstammung und Herkunft garantiert.
Die Aussage, dass es bei den „Neubürgern“ nicht mehr auf eine Identifikation mit der deutschen Nation ankomme, und die Kritik an der Vergabe von Doppelstaatsbürgerschaften verdeutlichen, dass Höcke ein ethnisch-kulturelles Verständnis von Volk und Nation propagiert, das sich gegen eine inklusive und vielfältige Gesellschaft richtet. Ein solches Verständnis widerspricht den Grundwerten der Verfassung, die auf einem offenen und pluralistischen Gesellschaftsmodell basiert.
In einer Telegram-Nachricht vom 16.11.2022 hat der Kreisverband „Kyffhäuser-Sömmerda-Weimar“ einen Instagram-Post von „swraktuell“ geteilt. In dem Post geht es um die zunehmende Gefährdung heimischer Vögel durch Nilgänse. Die EU hat daher die Nilgans zum Abschuss freigegeben. Der Kreisverband versucht hieraus offensichtlich eine Metapher zur Einwanderung nach Deutschland zu bilden und führt (ironisch) aus, dass doch alle Vogelarten vom gleichen Urvogel abstammen und sich die Stockenten mehr bemühen müssten, Nilgänse zu integrieren. Es sei die richtige Maßnahme, „dass man das Geld statt zur Bekämpfung der Nilgänse in den Kampf gegen rechte Stockenten investiert“.
Mit dem Post impliziert der Kreisverband, dass es bei Menschen – wie bei Vögeln – verschiedene Rassen gebe und heimische Menschen daher vor nicht-einheimischen Menschen, die nicht integrierbar seien, geschützt werden müssten. Das ist zum einen wissenschaftlich nicht korrekt. Zum anderen zeigt sich hierdurch ein Verständnis von territorial gebundenen Völkern, die sich nicht vermischen sollen. Diese Vorstellung des sogenannten Ethnopluralismus ist mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes und der Menschenwürdegarantie nicht vereinbar (VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2019 – AN 16 K 17.1038, BeckRS 2019, 12368, Rn. 36).
In einem Facebook-Posting vom 15.05.2024 äußert Jan Abicht seine Ablehnung gegenüber einer von ihm als „Links grüne Agenda“ bezeichneten politischen Ausrichtung, die er als Bedrohung für die Selbstbestimmung und die kulturelle Identität Deutschlands wahrnimmt. Abicht betont, dass er und seine Parteikameraden der AfD für das Recht kämpfen, in ihrer Heimat gemäß ihrer „angeborenen Identität“ und den „für uns typischen Werten“ zu leben. Er stellt sich gegen die „Umerziehung durch Ideologen, Weltverbesserer und nebulöse Wirtschaftslenker“ und sieht seine Position im Einklang mit den Werten, die er als von seinen Eltern übernommen beschreibt.
Die Aussagen von Jan Abicht in diesem Posting spiegeln ein völkisch-nationalistisches Volksverständnis wider, das auf der Vorstellung basiert, dass das deutsche Volk eine einheitliche, durch Abstammung und Kultur geprägte Gemeinschaft darstelle. Abichts Behauptungen suggerieren, dass diese Gemeinschaft ein angeborenes Recht auf eine spezifische Identität und Werte besitze, die es zu verteidigen gelte. Diese Argumentation impliziert eine exklusive und homogene Vorstellung von Volk und Nation, die nicht mit den pluralistischen und inklusiven Prinzipien des Grundgesetzes vereinbar ist, die allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit gleiche Rechte garantieren.
Abicht verwendet Begriffe wie „angeborene[] Identität“ und „typische[] Werte“, die stark mit einem ethnisch-kulturellen Volksbegriff verbunden sind und die Vorstellung einer „reinen“ nationalen Gemeinschaft fördern. Dies steht im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Gleichheit und der Offenheit gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen und kulturellen Prägungen.
Die implizite Abwertung von Personen, die sich für eine offene und pluralistische Gesellschaft einsetzen, indem er sie als „Ideologen, Weltverbesserer und nebulöse Wirtschaftslenker“ bezeichnet, zeigt eine Abwehrhaltung gegenüber gesellschaftlicher Vielfalt und Veränderung. Diese Haltung kann als Versuch verstanden werden, die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Pluralität und Inklusion zu delegitimieren und gleichzeitig ein monolithisches Verständnis von Nation und Identität zu propagieren.
Ronny Poppner, Vorsitzender des Kreisverbandes Mühlhausen, hat auf seinem für jedermann öffentlich einsehbaren Facebook-Account ein Bild gepostet, das ein Nutzer mit der Aussage „Rassenerhalt, das ist wie mit den Deutschen, die dürfen auch nicht aussterben“, kommentiert hat. Diesen Kommentar hat Ronny Poppner mit „Gefällt mir“ markiert:
Durch das Liken des Kommentars zeigt Poppner, dass er die Deutschen als eine Rasse von Menschen ansieht, die vom Aussterben bedroht sei. Hiermit behauptet er zum einen – entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen –, dass es Menschenrassen bzw. etwas Vergleichbares gebe. Zum anderen offenbart er durch die im Kommentar behauptete Angst, der Deutsche könnte aussterben, eine Vorstellung des sogenannten Ethnopluralismus. Diese Vorstellung basiert auf der Idee, dass sich Menschen aus verschiedenen terrritorialen Gebieten nicht vermischen dürften. Sie ist mit dem Volksbegriff des Grundgesetzes und der Menschenwürdegarantie nicht vereinbar (VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2019 – AN 16 K 17.1038, BeckRS 2019, 12368, Rn. 36).